Die MINT-freie Übernahme von IPCC-Wahrheiten führt zur intellektuellen Selbstverbrennung

Die MINT-freie Übernahme von IPCC-Wahrheiten führt zur intellektuellen Selbstverbrennung

Uli Weber

Mit den Kommentaren ist das immer so eine Sache. Einerseits freut sich jeder Autor über ein positives Feedback auf seinen Artikel, andererseits sind manche Kommentare/Kommentatoren einfach nur nervig. Grob betrachtet steuert etwa ein Viertel der Kommentare etwas Konstruktives zu dem betreffenden Artikel bei, sei es direkt zum Thema oder zum allgemeinen Verständnis. Ein weiteres Viertel besteht aus der Fortführung von Diskussionen oder Auseinandersetzungen zwischen Protagonisten unterschiedlicher Lager oder Auffassungen aus vorherigen Kommentarverläufen, die oftmals schwer zu verfolgen sind. Das nächste Viertel der Kommentare besteht im weitesten Sinne aus Selbstdarstellungen der betreffenden Kommentatoren oder deren erneuter Darstellung ihrer unveränderlichen Positionen. So wird beispielsweise andauernd die Benutzung eines völlig unsinnigen Begriffs aus dem hysterischen Klima-Mainstream in Frage gestellt, und zwar ungeachtet der Tatsache, dass ohne die Benutzung eben dieses Begriffs durch Realisten die Erklärungshoheit gegenüber der betrogenen Öffentlichkeit allein bei den Alarmisten verbleibt.

Das letzte Viertel schwankt dann zwischen Impertinenz und Aggression gegen den Autor bzw. dessen Thesen und/oder verbreitet aus Absicht oder Unvermögen falsche Aussagen zum Thema. Die beiden letzteren Gruppen sind nicht trennscharf auseinanderzuhalten, weil sie inhaltlich und in der Form ihrer Äußerungen in einander übergehen. Nachfolgend schildert der Autor mal ganz wertfrei ein konkretes Beispiel. In dem EIKE-Artikel CO2-Versuch zum Treibhauseffekt[1] von A. Agerius heißt es, Zitat:

Existiert ein aus einer Gegenstrahlung hervorgerufener Treibhauseffekt, müsste ein Anstieg des CO2-Gehaltes in der Luft eine messbare Temperaturerhöhung verursachen. Für einen CO2-Anstieg auf über 6.000 ppm entspräche dies Konzentrationen, wie sie vor 550 Millionen Jahren auf der Erde im Cambrium[2] herrschten. Die Globaltemperatur betrug damals in den geologischen Warmzeiten der Erde über 30 °C. Für einen Treibhauseffekt aus Gegenstrahlung würde man in einem Ursache-Wirkungszusammenhang – wie ihn die „settlet theory“ propagiert ‑ bei einem Konzentrationsanstieg von 400 ppm auf über 6.000 ppm einen Temperaturanstieg von 15 °C auf über 30 °C erwarten…“

Die Aussage von Agerius lautet also, dass bei einer Erhöhung des atmosphärischen CO2-Gehaltes um den Faktor 15 der vorgebliche Treibhauseffekt aus einer ominösen Gegenstrahlung die sogenannte „gemessene globale Durchschnittstemperatur“ von 15°C auf über 30°C erhöhen müsste. Diese Aussage wird in der Kommentarfunktion dann von einem Michael Krüger am 4. Januar 2024 um 13:17 Uhr mit Angabe von etwa einem Viertel des von Agerius genannten Temperaturanstiegs unter Berufung auf den IPCC in Frage gestellt, Zitat:

Für einen Treibhauseffekt aus Gegenstrahlung würde man in einem Ursache-Wirkungszusammenhang – wie ihn die „settlet theory“ propagiert ‑ bei einem Konzentrationsanstieg von 400 ppm auf über 6.000 ppm einen Temperaturanstieg von 15 °C auf über 30 °C erwarten [dort als Zitat gekennzeichnet].

Auch das ist nicht richtig. Gemäß IPCC-Formel ergibt sich bei einer Erhöhung des CO2 von 400 auf 6.000 ppm in der gesamten Atmosphäre im neuen Gleichgewicht, ohne Rückkopplungen:

dT = 5.35 x 0.27 x ln (6.000 / 400) = 3,9 °C Erhöhung.

Und das erst nach einer Climate-Respose-Time von bis zu 10 Jahren.“

Die vorstehende Berechnung ist mathematisch durchaus richtig, aber bildet die angegebene Funktion auch wirklich die physikalischen Vorgaben des IPCC für den vorgeblichen Einfluss der CO2-Verdoppelung auf die sogenannte Globaltemperatur korrekt ab?

Schaunmermal:

Auf dem Bildungsserver heißt es über die Klimasensitivität, leicht bearbeitetes Zitat:

Die Klimasensitivität wird in °C angegeben und steht für die Temperaturänderung, die die Erde bei einer Verdoppelung des vorindustriellen CO2-Gehalts erfahren würde. Eine Verdoppelung des CO2-Gehalts der Atmosphäre von 280 ppm vorindustriell auf 560 ppm wird ohne weitere Maßnahmen gegen die Emission von anthropogenen Treibhausgasen um 2060 erwartet. Gegenwärtig liegt die CO2-Konzentration bei 416 ppm. D.h. etwa der halbe Weg zu einer Verdoppelung ist bereits erfolgt.

Dort wird auch der Unterschied zwischen ECS und TCR erklärt, Zitat:

ECS: Die Gleichgewichts-Klimasensitivität (engl. ECS = equilibrium climate sensistivity) meint den Klimazustand, der eintritt, nachdem das Klimasystem sich an die doppelte Menge von CO2 in der Atmosphäre angepasst hat. Das kann hunderte bis über 1000 Jahre dauern, vor allem weil der Austausch der Erwärmung der Atmosphäre mit der des Ozeans (Erwärmung des Ozeans) sehr langsam erfolgt.

TCR: Die transiente Klimasensitivität bezieht sich auf die Erwärmung zum Zeitpunkt der CO2-Verdoppelung. Dabei geht man von einer Zunahme des Kohlendioxids von 1% jährlich aus. Die Erwärmung ist geringer, weil die Verteilung der Wärme zwischen Ozean und Atmosphäre noch keinen Gleichgewichtszustand erreicht hat.“

Die Klimasensitivität KS von CO2 ist also die Temperaturerhöhung in [°C] pro Verdoppelung des atmosphärischen CO2-Gehaltes oder: KS2xCO2 = ΔT [°C]

Und jetzt schauen wir uns noch einmal die Berechnung aus dem oben zitierten Kommentar an:

dT = 5.35 x 0.27 x ln (6.000 / 400) = 3,9 °C Erhöhung

Die Formel für die Klimasensitivität ΔTs von CO2 lautet nach IPCC (2001):

ΔTs = λ x α x ln (C/C0) in [°C]

mit α = 5.35 [W/m²] und λ = 0,5 °C per [W/m²]

Quelle IPCC (2001): Radiative Forcing of Climate Change 2001 – The Scientific Basis

Referenz: S. 354 and Tabelle 6.2

Lassen wir zunächst einmal die unterschiedlichen Werte für Lambda (λ) außen vor, und stürzen wir uns auf das Wesentliche: Es geht hier um einen konstanten Temperaturanstieg pro Verdoppelung des atmosphärischen CO2-Gehaltes. Dazu haben wir einen „Strahlungsantrieb“ Alpha (α) in [W/m²] für eine CO2-Verdoppelung sowie einen Temperaturanstieg Lambda (λ) in [°C / W/m²]. Der Term „ln(C/C0)“ soll jetzt also bei einer Verdoppelung des atmosphärischen CO2 von C0 ppm auf C=2xC0 ppm den erforderlichen Faktor „1“ liefern.

Kann das der Term „ln (C/C0)“ überhaupt?

Nein, denn „ln“ ist der natürliche Logarithmus zur Basis e = 2,718281828459!

Rechnenmermalmit„e“nach: Wir nehmen mal eine Klimasensitivität (α x λ) = 3°C/(2xCO2), ein C0 von 280 ppm und wollen wissen, um wie viel Grad Celsius die Temperatur bei 560 ppm CO2 ansteigt.

ΔTs = 3°C x ln (560 /280) = 3°C x ln2 = 3°C x 0,69314718 = 2,07944154°C

Wir gehen in die Berechnung von Delta T also mit einer Klimasensitivität von 3°C hinein und kommen bei Verdoppelung des atmosphärischen CO2-Gehaltes mit einem Temperaturanstieg von 2°C wieder heraus. Da ist also irgendetwas ganz gewaltig schief gelaufen, denn nach Vorgabe der Klimasensitivität soll die CO2-Verdoppelung ja nun mal 3°C ergeben. Und da es bei dieser Berechnung um ein Vielfaches von „2“ geht, wäre hier wohl auch eher der binäre Logarithmus angebracht, also schaunmermal:

ΔTs = 3°C x log2 (560 /280) = 3°C x log2 (2) = 3°C x 1 = 3°C

Unddannschaunmernochmalweiter: Im oben zitierten Kommentar wird mit α = 5.35 [W/m²] und λ = 0.27 [°C/ W/m²] gerechnet:

ΔT = 5.35 x 0.27 x ln (6.000 / 400) = 3,9 °C

Probe: ΔT = 1,4445°C x ln (15) = 1,4445°C x 2,7080502 = 3,912°C

Rein rechnerisch stimmt die Berechnung aus dem obigen Kommentar mit dem natürlichen Logarithmus also. Allerdings ergibt sich daraus dann eine völlig abwegige Klimasensitivität mit:

KS2xCO2 = 1,001, obwohl deren Eingangswert [5.35 x 0.27°C = 1,4445°C] betragen hatte.

Also rechnen wir mal mit dem binären Logarithmus und den beiden unterschiedlichen Lambdas:

λ = 0,27°C per [W/m²]: ΔT = 5.35 x 0.27 x log2 (6.000 / 400) °C = 1,854 °C x log2 (15) = 7,244°C

λ = 0,5°C per [W/m²]: ΔT = 5.35 x 0.5 x log2 (6.000 / 400) °C = 2,675 °C x log2 (15) = 10,451°C

Aber was ist mit der vom IPCC vorgegebenen Schwankungsbreite für die Klimasensitivität KS2xCO2? Im IPCC AR6, Section 3, Kapitel 3.1.1. Long-term Climate Change auf Seite 68, 1. Absatz heißt es dazu:

Der wahrscheinliche Bereich der Gleichgewichtsklimasensitivität wurde auf 2,5 °C bis 4,0 °C eingeengt (mit einer besten Schätzung von 3,0 °C).“

Bei KS2xCO2 = λ x α = 3,0°C und dem binären Logarithmus liegt die Berechnung etwa 3°C unter den von Agerius angegebenen 15°C. Der hatte für seine Aussage aber gar keine CO2-Klimasensitivität vorgegeben, rechnen wir also mal mit KS2xCO2 = λ x α = 4,0°C:

ΔT = 3,5 x log2 (6.000 / 400) °C = 4,0°C x log2 (15) = 15,63°C

Die ursprüngliche Frage lautete, ob nach der IPCC-Treibhaustheorie ein atmosphärischer CO2-Konzentrationsanstieg von 400 ppm auf über 6.000 ppm eher einen Temperaturanstieg von 15 °C (Agerius) oder 3,9 °C (Krüger) ergeben würde. Nun, mit einer KS2xCO2 = 4,0°C erhalten wir bei einer Berechnung nach der IPCC-Formel mit dem binären Logarithmus tatsächlich einen Temperaturanstieg von über 15°C. Damit wird also die Aussage von Agerius voll bestätigt, während sich mit einer korrekten binären Berechnung auf Grundlage der besten IPCC-Schätzung von KS2xCO2 = 3,0°C mit ΔT = 11,7°C bereits der dreifache Wert des fragwürdigen MINT-freien Ergebnisses aus Krügers Kommentar ergibt.

Triggerwarnung vor einem altweißen Machospruch! In einer längst vergangenen Zeit, als es noch reine Männerjobs gab, pflegte man eine solche fehlerhaft-besserwisserische Selbstdarstellung unter der Rubrik „Keine Haare am Sack, aber mit’m Arsch vordrängeln“ zu subsummieren. Aber im wokesten Habockistan aller Zeiten ixen wir diesen altweißen Machospruch mal ganz schnell wieder aus: Xxxxx Xxxxx xx Xxxx, xxxx xxx’x Xxxxx xxxxxxxxxxx!

Schlussbemerkung des Autors: Man kann, wie vorstehend nachgewiesen, mit den Angaben vom IPCC rechnen, man kann diese Angaben auch korrigieren und man erhält sogar irgendwelche rechnerischen Ergebnisse. Der Autor betont aber nachdrücklich, dass er weder an die jungfräuliche Geburt der Klimakirche glaubt, also dass CO2 aus sich selbst heraus Energie erzeugen kann, noch an die Erwärmung unserer Erde durch eine klimareligiöse Segnung ihrer eigenen Abstrahlung. Ersteres verletzt den Ersten Hauptsatz der Thermodynamik und Letzteres den Zweiten.

PS. @ Peter Puschner, Prof. Dr.-Ing. am 3. Januar 2024 um 12:51 Uhr: Mit Ihren Vorgaben wäre dieser Artikel nicht möglich gewesen, Zitat:

Alle Berechnungen mit Globaltemperaturen sind falsch, besonders, wenn man dann auch noch das S-B-Gesetz bemüht. Für das „Falsche“ gibt es mehrere Gründe:

Eine Globaltemperatur ist eine Erfindung, sie beruht nicht auf anerkannter Physik. Sie dient nur dazu, das komplexe Klima-Geschehen an einer einzigen Zahl mit Stellen hinter dem Komma festzumachen und erklären zu wollen.“

Machen Sie was draus, das ein Umdenken der breiten Mehrheit bewirken kann!