
Lediglich die Preissteigerungen beim Gold haben Schlimmeres verhindert. Denn die Bundesbank hat dank der desaströsen Anleihepolitik der EZB während der Zeit niedriger Zinsen viel Geld verloren. So viel wie noch nie zuvor. Üblich waren bisher Gewinne, die auch dem Bundeshaushalt zugutekamen.
Die Deutsche Bundesbank hat für das Jahr 2024 einen historischen Verlust von 19,2 Milliarden Euro verzeichnet – der erste seit Jahrzehnten und der höchste in ihrer Geschichte. Dieser finanzielle Einbruch bedeutet, dass der Bundeshaushalt zum fünften Mal in Folge keine Gewinnausschüttung erhält. Die Aussichten für die kommenden Jahre bleiben düster, wenngleich Bundesbank-Präsident Joachim Nagel bei der Präsentation des Jahresabschlusses in Frankfurt vorsichtigen Optimismus durchblicken ließ: “Der Höhepunkt der jährlichen Belastungen dürfte überschritten sein.”
Die Zinswende als Hauptverursacher
Die rasante Zinswende der vergangenen Jahre hat die finanzielle Stabilität der Bundesbank massiv erschüttert. Während 2023 ein Verlust nur knapp durch milliardenschwere Rückstellungen abgewendet werden konnte, sind diese Puffer nun fast vollständig aufgebraucht. Von den ursprünglichen Rücklagen verblieben Ende 2024 lediglich 0,7 Milliarden Euro. Das Zinsergebnis verbesserte sich zwar leicht, blieb mit 13,1 Milliarden Euro jedoch deutlich im negativen Bereich.
Die Ursache liegt in der Anleihepolitik der EZB während der Niedrigzinsphase. Als die Zinsen praktisch bei null lagen, kaufte die Notenbank massenhaft Staatsanleihen mit niedrigen Zinssätzen. Mit dem Anstieg der Marktzinsen auf 4 bis 5 Prozent verloren diese Papiere erheblich an Wert – ein Effekt, der besonders bei langfristigen Anleihen dramatisch ausfällt.
Gold als stabilisierender Faktor
Trotz des enormen Defizits betonte Bundesbank-Vizepräsidentin Sabine Mauderer die finanzielle Stabilität der Institution: “Die Bundesbank kann sowohl die aktuellen als auch die zu erwartenden finanziellen Belastungen tragen.” Ein wesentlicher Grund dafür ist die positive Entwicklung der Goldreserven. Der gestiegene Goldpreis hat den Wert der Edelmetallbestände in der Bilanz deutlich erhöht. Zum Jahresende wurden die gesamten Reserven an Gold und Fremdwährungen auf etwa 267 Milliarden Euro geschätzt – ein beachtlicher Anstieg von rund 70 Milliarden Euro im Vergleich zum Vorjahr.
Historische Dimension des Verlusts
Die historische Dimension dieses Verlusts wird besonders deutlich, wenn man bedenkt, dass der letzte Bilanzverlust der Bundesbank 45 Jahre zurückliegt. 1979 verzeichnete die Institution ein Minus von umgerechnet rund 2,9 Milliarden Euro – eine Summe, die vom aktuellen Verlust um mehr als das Sechsfache übertroffen wird.
Noch vor wenigen Jahren war es im Bundeshaushalt üblich, einen Gewinn der Bundesbank in Höhe von 2,5 Milliarden Euro einzuplanen. 2019 konnte die Bundesbank unter der Leitung des damaligen Finanzministers Olaf Scholz mit 5,85 Milliarden Euro sogar den höchsten Gewinn seit der Finanzkrise verbuchen.
Target-2-Forderungen als unberücksichtigtes Risiko
Ein weiteres, in der offiziellen Bilanz nicht adäquat berücksichtigtes Risiko, stellen die Target-2-Forderungen dar. Diese Forderungen der Bundesbank an andere Mitgliedszentralbanken der EZB belaufen sich auf etwa 1,2 Billionen Euro. Kritiker bemängeln seit langem, dass diese Summen im Falle einer Eurokrise oder eines Auseinanderbrechens der Währungsunion kaum einbringbar wären.
Systemische Probleme der Geldpolitik
Der Rekordverlust der Bundesbank ist symptomatisch für die Probleme, mit denen das gesamte Eurosystem konfrontiert ist. Die jahrelange Politik des “Whatever it takes” unter dem ehemaligen EZB-Präsidenten Mario Draghi, die darauf abzielte, den Euro zusammenzuhalten und überschuldeten Ländern niedrige Zinsen zu ermöglichen, zeigt nun ihre Kehrseite.
Die EZB und ihre Mitgliedsbanken haben durch den massiven Ankauf von Staatsanleihen die Zinsen künstlich gedrückt – ein Vorgehen, das von Kritikern als verdeckte Staatsfinanzierung betrachtet wird. Mit der Zinswende verlieren diese Anleihen nun erheblich an Wert, was die Bilanzen der Zentralbanken belastet.
Ausblick: Magere Jahre voraus
Bundesbank-Präsident Nagel hatte bereits im Vorjahr vor “mageren Jahren” gewarnt und angekündigt: “Wir erwarten, längere Zeit keine Gewinne ausschütten zu können.” Diese Prognose hat sich nun bestätigt und dürfte auch für die kommenden Jahre gelten.
Während die Bundesbank betont, dass sie trotz der Verluste handlungsfähig bleibt, stellt sich die Frage nach den langfristigen Konsequenzen für die Geldpolitik und die öffentlichen Finanzen. Der Bundeshaushalt muss sich jedenfalls darauf einstellen, dass die einst verlässliche Einnahmequelle aus Bundesbankgewinnen auf absehbare Zeit versiegt bleibt.
Die aktuelle Situation verdeutlicht die Grenzen der expansiven Geldpolitik und zeigt, dass selbst Zentralbanken nicht unbegrenzt Verluste absorbieren können, ohne dass dies Auswirkungen auf ihre Handlungsfähigkeit und das Vertrauen in die Währung hat.